Elite ist kein totes Pferd. Wir reiten kein totes Pferd.
Interview mit Martin Veselík, dem heutigen Inhaber der bekannten Strickwarenmarke Elite.
Was wollten Sie als Kind später einmal machen und wann haben Sie beschlossen, dass es für Sie wichtig ist, in die Textilbranche zu gehen?
Bis zu meinem 15. Lebensjahr hatte ich keine Vorstellung von meinem zukünftigen Beruf…
Als Kleinkind und auch danach habe ich mich für viele Dinge interessiert. Ich habe viel gelesen, und zwar alles, was ich bekommen konnte: Abenteuergeschichten, Bücher über die Natur und Technik. Ich habe Flugzeuge modelliert, Sport gemacht – auf schulischer Ebene und für die Stadt Basketball und Eishockey gespielt, ich habe in der Musikschule Akkordeon gespielt, allein und im Ensemble, und in einer Band Bass auf Stadtfesten und Festivals.
Heute habe ich einen technischen Beruf (Maschinenbau und Elektro), habe einen Abschluss in Volks- und Betriebswirtschaft und bin ausgebildeter (und immer noch lernender) Hobby-Imker.
Seit 1990 helfe ich meiner Frau Vlasta bei ihrem Unternehmen. Sie hat in diesem Jahr in ihrer Elternzeit angefangen, Wollschuhe und -Accessoires herzustellen. Wir haben viele lustige Anekdoten aus dieser Zeit (an die erinnert man sich, die anderen vergisst man) in Zusammenhang mit dem Einkauf von Maschinen und Materialien, mit dem Verkauf, der Kommunikation mit den Behörden usw…
Wir glaubten daran, dass wir schöne und hochwertige Produkte herstellen, also nahmen wir den Mut zusammen, fuhren nach Zlín (für uns das Schuh-Mekka) und boten unsere Schuhe der Firma Baťa an, deren Geschichte wir bewunderten. Danach haben wir sie vier Jahre lang erfolgreich über deren Vertriebsnetz in Tschechien verkauft. Wir lieferten unsere Produkte an unabhängige Geschäfte und an Ketten (Penny Markt, Plus Discount, Interspar, Kaufland usw.) und verkauften sie vor allem über unseren eigenen E-Shop. Seit 2003 leite ich zusammen mit meiner Frau das Familienunternehmen VITAPUR, das zwei Geschäftszweige hat: die Marke VITAPUR im Gesundheitsbereich zur Vorbeugung von Druckgeschwüren bei immobilen Langzeitpatienten und WOOLIFE zur Herstellung von Wollbekleidung und Accessoires.
Sie haben das Unternehmen in Litomyšl. Wann und warum haben Sie sich entschieden, die Strickerei Schindler am anderen Ende der Republik zu kaufen?
Um eine eigene Produktion von Wollstrickwaren und Accessoires in erstklassiger Qualität zu haben. Wir haben gesucht, konnten aber nirgendwo sonst ein ähnliches Level an Qualität, Handwerk und Erfahrung finden. Damit war die Entscheidung gefallen.
Was hat Sie nach Betriebsstart überrascht? Sowohl positiv als auch negativ.
Wir hatten nicht damit gerechnet, dass sich unmittelbar nach der Übernahme der Strickerei so viele Probleme anhäufen würden: die sofortige Kündigung eines langjährigen, aber ungünstigen Vertrages unseres größten Abnehmers, dann Corona – die Energiepreise und ihre Auswirkungen – der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen – die Inflation und ein starker Rückgang im Einzelhandel aktuell. Wir liefen wie die Hasen im Zickzack, um die Situation zu meistern. Gleichzeitig mussten wir uns um die Elitka kümmern.
Was mich positiv überrascht hat? Hier ist es angebracht, unseren Mitarbeitern zu danken und ihnen Respekt zu zollen. Die meisten von ihnen haben diese schwierige Zeit würdevoll gemeistert, es war keineswegs einfach, aber gemeinsam haben wir Schwierigkeiten überwunden und tun es noch immer.
Was sind ihre Pläne für die Zukunft?
Unseren Kunden erstklassige Waren aus besten natürlichen und funktionalen Materialien anzubieten, die perfekt verarbeitet sind, und die ihnen lange Freude bereiten. Wir möchten das Angebot ständig erweitern. Wir haben laufend neue Ideen und freuen uns darauf. Sind fast schon ungeduldig, dass alles schneller gehen könnte… Wir wollen das Arbeitsumfeld und die sozialen Annehmlichkeiten in der Strickerei verbessern und dabei die historischen und architektonischen Besonderheiten bewahren. Wir wollen die gesamte Energieversorgung überprüfen und mit einer langfristen Perspektive für die Zukunft lösen. Wir planen eine schrittweise Renovierung der Strickerei in Zusammenarbeit mit dem Architekten Petr Všetečka, den Bau eines Kundenzentrums und eines Museums für das Strickhandwerk.
Wir wollen den zweiten Jahrgang des Stricksymposiums veranstalten und jungen Menschen aus den Gymnasien und Berufsschulen und Studenten eine Zusammenarbeit anbieten. Wir wollen die Strickerei weiterhin für die Öffentlichkeit offen halten, sowohl in Form der beliebten kommentierten Führungen, mit denen wir dieses Jahr begonnen haben, als auch während der mittlerweile regelmäßig stattfindenden Konzerte in industriellem Umfeld in Zusammenarbeit mit der Stadt Krásná Lípa. Ziel ist es, der breiten Öffentlichkeit und Fachleuten die Schönheit des Strickhandwerks, seine aktuelle und zukünftige Attraktivität und Perspektiven zu zeigen. Außerdem möchten wir junge Menschen motivieren, sich in diesem Handwerk zu versuchen. Dass diejenigen, die sich in diesem Handwerk wiederfinden, den Staffelstab übernehmen und die lokale erstklassige Strick-Tradition fortsetzen. Gesucht werden junge und talentierte Designer, Experten für Bekleidungskonstruktion, Flach- und Rundstrickmaschinen, Mechaniker usw.
Die meisten ehemaligen Elite-Angestellten sind der Meinung, dass die Schließung des Betriebs in Varnsdorf endgültig das Ende der Marke Elite bedeutet hat, aber das ist ja nicht der Fall. Dies ist zum Teil auf die Abschiedsveranstaltung für die Elitka zurückzuführen, die letztes Jahr auf dem Werksgelände stattfand, und auf die Nicht-Sichtbarkeit der Marke Elite in Ihrem Marketing. Können Sie bitte die Rolle der Marke Elite in der Strickerei Schindler beschreiben?
Seit Anfang des Staatsbetriebs Elite war die Strickerei in Krásná Lípa als Elite-Werk Nr. 02 ein integraler Bestandteil des Unternehmens. Hier wurden nicht nur Strümpfe gestrickt, sondern auch Oberbekleidung. Die Marke ELITE spielt in der Strickerei Schindler eine wesentliche Rolle. Wir haben mit ihr unser Strumpfsortiment entsprechend um hochwertige Markenware ergänzt. Es sind nun etwas mehr als sieben Monate, seit wir unsere komplette Produktion verlagert und in wirtschaftlich extrem schwierigen Zeiten wieder in einen funktionierenden Betrieb überführt haben. Es war notwendig, fehlende Modelle sofort nachzufertigen, denn die Elitka hatte zuvor mehr als sechs Monate lang nicht produziert, sie verkauften nur aus dem Lagerbestand, und der ging schnell zur Neige. Wir waren dem Risiko von Vertragsstrafen für Nichtlieferungen ausgesetzt. Es war wichtig, die Kunden zu halten und nicht zu verlieren, aber gleichzeitig war es unerlässlich, die Preise schnell zu aktualisieren. Einen neuen Katalog herauszugeben. Dann die Überführung der Verkaufs- und Buchhaltungsverwaltung und des E-Shops in unser Informations- und Haushaltssystem. Diese ganze Umstellung ist ein Thema für einen eigenständigen Artikel. Um Ihnen eine Vorstellung vom Umfang und der Komplexität eines solchen Vorgangs zu geben.
Wie viele Elite-Mitarbeiter sind von Varnsdorf nach Krásná Lípa mit umgezogen und in welchen Positionen arbeiten sie?
Die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter ist mitgekommen und arbeitet nun auf den gleichen Stellen wie in Varnsdorf, einschließlich der Außendienstmitarbeiter, die sich täglich um das ELITE-Sortiment und die Verfügbarkeit in der gesamten Tschechischen Republik kümmern.
Was ist für sie die größte Veränderung im Vergleich zum Standort Varnsdorf?
Da werden Ihnen die Mitarbeiter sicher eine bessere Antwort geben. Meiner Meinung nach war es keine leichte Entscheidung, das Umfeld zu wechseln und in ein anderes Unternehmen, in eine ungewohnte Umgebung zu ziehen. Wir sind froh, dass sie sich dazu entschlossen haben, wir wissen es zu schätzen.
Welche Rolle haben diese Mitarbeiter bei der Aufnahme der Produktion in Krásná Lípa gespielt?
Eine absolut wesentliche, entscheidende. Ohne deren Willen und Wunsch, ihr Handwerk fortzuführen, wäre das gar nicht möglich gewesen. Aber auch ohne unsere Kollegen aus der Strickerei in Krásná Lípa wäre es nicht möglich gewesen. Ich kann sie hier nicht alle aufzählen, aber vielleicht ergibt sich zu gegebener Zeit die Gelegenheit dazu. Gemeinsam sorgten alle für einen relativ reibungslosen Transfer von Maschinen, Technologien, Materialien, einfach dem ganzen „Ökosystem“ der Elitka in Varnsdorf zur Elitka 02 – der Strickerei Schindler in Krásná Lípa. Die Außendienstmitarbeiter der Elitka sind jeden Tag bei Kunden, um den Vertrieb und den Verkauf der beliebten und qualitativ hochwertigen Strümpfe im ganzen Land sicherzustellen. Auch die Geschäftsführung von Elitka war an der Weiterführung der Marke interessiert, und obwohl die Verhandlungen sehr langwierig, schwierig und kompliziert waren, verliefen sie fair.
Stehen Sie noch in Kontakt mit ehemaligen Elitka-Mitarbeitern, wenn Sie Hilfe oder Rat benötigen?
Ja, wir haben das Glück, dass einige ehemalige Mitarbeiter in verschiedenen Positionen immer noch bereit sind, uns auf Anfrage zu helfen. Sei es in Form von Beratung, Ratschlägen, Meinungen, Empfehlungen oder direkt mit konkreten Arbeiten. Davon machen wir sehr oft Gebrauch. Die Qualitätssicherung ist wichtig und ganz entscheidend für uns. Nach dem Wechsel des Umfeldes beurteilen und bewerten dieselben Personen aus Varnsdorf die Qualität. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit den ehemaligen Mitarbeitern unserer Strickerei und der Elitka sehr, ihre Erfahrungen sind unersetzlich.
Haben Sie Mitarbeiter, die demnächst in den Ruhestand gehen (oder bereits im Ruhestand sind), für die Sie aber keinen Ersatz haben? Haben Sie dafür eine Lösung?
Wir bedanken uns für ihre Mitarbeit, überreichen ihnen eine Blumenstrauß und ein kleines Geschenk und verabschieden uns von ihnen. Wir wünschen alles Gute und einen schönen und friedlichen Ruhestand. Aber gleich danach wenden wir uns an sie mit der Bitte, einige Tage/Stunden ihrer Ruhestandswoche für unsere Strickerei zu reservieren, wo sie ihre klugen Köpfe und geschickten Hände als gelegentliche Aushilfskräfte weiter beschäftigen können. Wir versuchen auch, es als eine Form der Gesunderhaltung aufzuziehen: das Gehirn und den Körper angemessen aktiv halten… Naja, wir freuen uns, dass einige sogar einverstanden sind. Wir sind der Meinung, dass jeder Meister seines Fachs einen Nachfolger heranziehen sollte, an den er seine Kunst, sein Können und seine „Tricks“ weitergibt, und so liegt es auch an diesen Menschen, das zu versuchen. Wir brauchen diese Nachfolger: junge, fähige und fleißige Menschen mit Interesse an einem interessanten Handwerk. Wie man die bekommt erfahren Sie im Abschnitt „Pläne für die Zukunft“.
Was haben Sie aus Varnsdorf mitgenommen?
Strickmaschinen, Fixiermaschinen, Verpackungsmaschinen, Materialien, Halbfabrikate, unfertige Erzeugnisse, Hilfstechnologien, Messgeräte, Vorrichtungen, Musterarchive, aber auch immaterielle Dinge: Know-how, Wissen und Fähigkeiten, um Qualitätswaren herzustellen, die für die Kunden attraktiv sind.
Wenn Sie Archivmaterial oder Muster besitzen, was haben Sie für Pläne damit?
Interessante Designs möchten wir für die aktuelle Produktion nutzen und das Archiv oder Teile daraus für das bereits erwähnte Besucherzentrum und das Strickerei-Museum. Wir planen für nächstes Jahr, wenn die Elitka ihr fantastisches 100-jähriges und die Strickerei Schindler ihr 170-jähriges Jubiläum feiern, ein Stricksymposium und in Zusammenarbeit mit der Stadt Krásná Lípa auf dem Hauptplatz eine Outdoor-Ausstellung über die Geschichte der Strickerei und der Fabrik selbst.
Die Strickerei Schindler befindet sich in einem bedeutenden funktionalistischen Gebäude, aber die Umgebung erweckt den Eindruck, dass es sich in einem fast baufälligen Zustand befindet. Können Sie bitte den aktuellen Zustand des Gebäudes beschreiben und welche Pläne Sie damit für die Zukunft haben?
Das Gebäude befindet sich in einem recht guten baulichen Zustand, auch wenn es von außen nicht unbedingt so aussieht. Wir haben uns mit Experten für ähnliche Gebäude und deren Umgestaltung beraten, z. B. hat uns Prof. Vorlík von der Tschechischen Technischen Universität in Prag geeignete Architekturbüros empfohlen. Wir haben uns für Petr Všetečka entschieden, einen Architekten, der in Zlín großartige Arbeit geleistet hat (die Strickerei ähnelt in ihrer Bauweise den von der Firma Baťa errichteten Gebäuden), aber nicht nur dort, sondern zuletzt auch bei den großen automatischen Mühlen in Pardubice Der erste Schritt unserer Zusammenarbeit ist eine „Konzeptstudie“, ein grundlegender Entwurf, wie es mit dem Gebäude weitergehen soll.
Was möchten Sie den ehemaligen Elite-Angestellten noch sagen?
ELITE ist eine stolze Marke mit einer großen Tradition und einem guten Ruf.
Es ist uns nicht egal, wie sie heute dasteht. Sie hat viel von ihrem Glanz verloren, aber nicht die Qualität ihrer Produkte. Sie sind immer noch beliebt und sehr hochwertig. Der große Ruhm und die so umfangreiche Produktion werden wahrscheinlich nicht zurückkehren, aber die Marke Elite und ihre Strümpfe werden sicherlich wieder einen der vordersten Plätze unter den Premium-Marken mit einem Premium-Sortiment einnehmen, wo sie immer hingehört haben und wo sie immer noch hingehören. Wir arbeiten daran, bitte drücken Sie uns die Daumen.
Vielen Dank.
Martin Veselík
Geschäftsführer der Strickerei Schindler‘
In Krásná Lípa am 30.11.2023