Aufgewachsen bin ich gegenüber der Elitka.
Interview mit Stanislav Šusta, dem derzeitigen Eigentümer des ehemaligen Elite-Areals in Varnsdorf
Welche Beziehung haben Sie zu Varnsdorf? Sind Sie hier aufgewachsen?
Ich bin in Varnsdorf geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen. Als ich etwa 25 Jahre alt war, bin ich für eine Zeit nach Prag gegangen, aber dann bin ich gerne hierher zurückgekehrt. Ich schätze die Stadt und die hiesige Natur, ich möchte nicht weglaufen.
Wie sehr hat sich die Stadt Ihrer Meinung nach seit der Zeit verändert, als die Firma Elite noch florierte?
Daran kann ich mich leider nicht erinnern. Ich bin zu einer Zeit aufgewachsen, als die Textilfabriken in Varnsdorf schon halb leer standen, langsam verfielen und baufällig wurden. Wenn ich an der Elitka vorbeiging, sah das Gelände verlassen aus, und ich dachte nicht, dass dort noch etwas produziert wurde. Nach den Straßen und Villen, die hier stehen, zu urteilen, muss es früher eine sehr wohlhabende Stadt gewesen sein. Heute lässt es sich dort wohl nicht mehr so gut leben wie früher. Viele junge Leute fliehen von hier, wenige bleiben.
Was sind Ihrer Meinung nach aktuell die größten Probleme/Herausforderungen in Varnsdorf und wie könnten die Menschen vor Ort dazu beitragen, die Situation zu verbessern?
Als Problem sehe ich die Menschen, die keine Bindung an den Ort haben. Außerdem gibt es hier nicht viele gute Unternehmen. Einen kulturellen Beitrag für Varnsdorf leistet zum Beispiel die Brauerei Kocour meines Vaters. Er macht dort Veranstaltungen, aber die Wahrheit ist, dass mehr Leute von außerhalb kommen, und höchstens zwanzig Prozent aus Varnsdorf. Sie quatschen und posten im Internet, aber kommen nicht. Es ist nicht einfach, etwas für die Einheimischen zu tun. Sie beschweren sich über die hohen Preise, aber die sind vergleichbar mit denen von ähnlichen Lokalen in der Umgebung.
Welche Beziehung haben Sie zu Elitka? Hat jemand aus Ihrer Familie dort gearbeitet?
Ein großer Teil meiner Familie hat bei der Elitka gearbeitet, mein Vater, meine Tante, beide Großmütter und ich glaube sogar meine Mutter. Ich bin in einem Haus gegenüber der Elitka aufgewachsen, wir haben direkt neben der Elitka gespielt. Es gibt da also eine gewisse Bindung.
Warum haben Sie sich für den Kauf von Elitka entschieden?
Es war mir nicht egal, dass die Gebäude verfielen. Die Anzeige war schon lange auf dem Immobilienmarkt, ich habe mit meinem Vater darüber gesprochen, der mich unterstützt hat. Ursprünglich war auch das Gebäude des jetzigen Baumarkts im Angebot enthalten, aber am Ende wurden wir uns nicht einig und ich habe es ohne gekauft.
In welchem Zustand befand sich das Areal, als Sie es kauften?
Die Gebäude waren in einem schlechten Zustand. Zunächst einmal mussten die Dächer repariert werden, über die Wasser wie aus Strömen hineinlief. Diese Erstinvestition belief sich auf etwa 2 Millionen Kronen.
Was haben Sie im Inneren der Fabrik vorgefunden und wie sind sie damit verfahren? Ich meine damit, ob das Archiv oder der jetzige Besitzer der Strickerei Schindler, Herr Veselík, Dinge mitgenommen haben?
Ich habe die Gebäude vom Verkäufer und den Mietern übernommen, mit Herrn Veselík hatte ich nichts zu tun. Nach dem Kauf gab es eine seltsame Wendung, wir sahen uns an und wussten nicht, was mir und was denen gehörte. Ich sagte, sie sollten so gut es geht alles entrümpeln. Es gab dort eine Menge Zeug. Von den Dingen, die irgendeinen Wert hatten, hat das Staatliche Regionalarchiv Litoměřice einiges mitgenommen, einiges wurde anderweitig mitgenommen, ein paar Sachen sind dort geblieben.
Haben Sie selbst etwas gefunden, vielleicht ein Objekt, das Sie so sehr interessiert hat, dass Sie es mit nach Hause genommen haben?
Ich habe etwa zwei Kisten mit Dingen vollgesammelt, einige Fotos und andere interessante Dinge, Pokale, vielleicht sind auch Chroniken dabei.
Stehen die Gebäude jetzt leer, oder arbeitet noch jemand darin?
Es gibt dort die Firma Nitod, die Bettlaken herstellt. Ich überlasse ihnen die Räumlichkeiten für eine symbolische Miete und habe nicht vor, sie in nächster Zeit zu beenden.
Letztes Jahr habe ich an der Veranstaltung zum Abschied von der Elitka teilgenommen, die Sie für ehemalige und aktuelle Elite-Angestellte organisiert haben und die bei den Besuchern eine Reihe von kontroversen Reaktionen hervorrief. Was war die Absicht hinter der Veranstaltung und welche Rückmeldungen haben Sie erhalten?
Die Räumlichkeiten hatten eine besondere Atmosphäre. Es sah aus, als wäre noch am Vortag jemand dort gewesen. Da lag ein Bleistift herum oder stand eine nicht ausgetrunkene Limonade auf dem Tisch. Ich fand das interessant, ich wollte den Leuten die Möglichkeit geben, zu schauen, wie es dort jetzt aussieht. Viele Leute waren unglücklich darüber, dass sie nicht alle Gebäude sehen konnten. Dann hat alles ein wenig Überhand genommen, einige Leute fingen an zu plündern, andere kletterten auf das Dach. Aber die Reaktionen waren überwiegend positiv.
Nächstes Jahr würde die Elitka 100 Jahre alt werden, planen Sie nächstes Jahr etwas Ähnliches?
Ich selbst plane nichts, aber ich bin für alles offen.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft und was möchten Sie im Areal aufziehen? In welchem Zeitrahmen?
Wir wollen das Gebiet vor allem generationenübergreifend vernetzen. Ich arbeite derzeit an einem Projekt zum Umbau der Gebäude in ein Pflegeheim, ein multikulturelles Zentrum und einen Wohnkomplex. Was die Wohnungen anbelangt, so wollen wir unter Ausnutzung moderner Technologien neue, moderne und günstige Wohnungen für Familien bauen. Die Gesamtnutzfläche der Wohnungen soll 18 228 Quadratmeter betragen. Der Lebensstandard in Varnsdorf ist nicht sehr gut, was das Wohnen angeht. Wir möchten den Einwohnern etwas bieten, was es hier nicht gibt. Im multikulturellen Zentrum würde ich gerne der Geschichte der Elitka Raum geben. Ich wünsche mir, dass das Areal bis 2030 rekonstruiert sein wird.